Jordanien: Unterstützung für irakische Flüchtlinge
Laut UN-Flüchtlingswerk UNHCR sind 67.000 irakische Flüchtlinge in Jordanien registriert. Die Hälfte von ihnen flüchtete zwischen 2014 und 2016 nach Jordanien, als der Islamische Staat (IS) in einigen Regionen des Irak eine brutale Schreckensherrschaft errichtete. Sie führte zur Vertreibung von mehr als drei Millionen Menschen. Doch bereits vor dieser Krise hatte Jordanien irakische Kriegsflüchtlinge aufgenommen. "Viele Leute vergessen, dass in Jordanien schon vor 2014 eine erhebliche Anzahl irakischer Flüchtlinge gelebt hat, die nach den beiden Golfkriegen 1980-1988 und 1990-1991 sowie dem Irakkrieg 2003 ins Land gekommen sind", sagt Beliza Espinoza, Mitarbeiterin von Caritas international in Jordanien.
Flüchtlinge zweiter Klasse
Nach den vielen Jahren langwieriger Konflikte haben irakische Flüchtlinge heute wenig Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre Heimat. Laut einer aktuellen Studie planen 98 Prozent der irakischen Flüchtlinge keine Rückkehr. Eine überwältigende Mehrheit hält die Bedingungen im Irak angesichts immer wieder aufflammender kriegerischer Handlungen für zu gefährlich.
Das Haus dieser christlichen Familie aus Tel Eskov im Nordirak wurde 2015 von Milizen des sogenannten Islamischen Staates (IS) zerstört. Die Familie musste nach Jordanien flüchten. Foto: Jennifer Ciochon / Caritas international
Doch auch in Jordanien stehen irakische Flüchtlinge vor besonders schweren Herausforderungen, denn sie sind dort Flüchtlinge zweiter Klasse. Während die internationale Gemeinschaft und die jordanische Regierung große Anstrengungen unternommen haben, um die Situation der syrischen Flüchtlinge in Jordanien zu verbessern, gelten die meisten dieser Regelungen für andere Flüchtlinge nicht. Die jordanische Regierung stellt beispielsweise keine Registrierungsdokumente für irakische Flüchtlinge aus, was zu Nachteilen beim Kontakt mit der Polizei, bei der Einschreibung von Kindern in die Schule oder beim Abschluss von Mietverträgen führt. Irakis haben fast keine Möglichkeit, legal in Jordanien zu arbeiten. In der Illegalität sind sie sie einem höheren Risiko von Ausbeutung, Verhaftung und Inhaftierung ausgesetzt. Viele Iraker*innen arbeiten zwangsweise überhaupt nicht, da Arbeiten ohne Arbeitserlaubnis zu schweren Strafen führen kann.
Problematisch ist auch die medizinische Versorgung: Während syrische Flüchtlinge in Jordanien einen stark ermäßigten Satz bezahlen, müssen irakische Flüchtlinge 80 Prozent der Kosten für medizinische Grundleistungen selbst tragen - was viele gar nicht können und daher unversorgt bleiben. In den staatlichen Krankenhäusern bezahlen irakische Geflüchtete dieselben hohen Gebühren wie sonstige Ausländer.
Gesundheitsversorgung für 5.000 Menschen durch die Caritas
Caritas international kümmert sich gemeinsam mit Caritas Jordanien schon seit über drei Jahrzehnten als eine der wenigen humanitären Organisationen um irakische Flüchtlinge. Im aktuellen Projekt erhalten 3.500 Iraker und 1.500 Jordanier eine Gesundheitsversorgung, vor allem im Gesundheitszentrum in der Hauptstadt Amman sowie in den Zentren Zarqa, Balqa und Madaba. Hier werden allgemeinmedizinische sowie gynäkologische Untersuchungen angeboten und Patient*innen mit Medikamenten versorgt. Besonders chronisch kranke Menschen nehmen dies in Anspruch. Wenn notwendig, werden medizinische Hilfsmittel wie Rollstühle, Brillen, Blut- und Zuckermessgeräte vergeben.
Außerdem werden die Kosten für fachärztliche Behandlungen übernommen. Caritas Jordanien hat mit mehreren Krankenhäusern Kooperationsvereinbarungen, um möglichst viele Bedarfe der Patienten abzudecken. Welcher Patient weiterüberwiesen wird, wird von einem Komitee aus Ärzten und Mitarbeitenden der Caritas Jordanien entschieden. Leider können längst nicht alle Patienten weitergeleitet werden.
Psychosoziale Hilfe um traumatische Erlebnisse zu verarbeiten
Um die irakischen Flüchtlinge darin zu unterstützen, die traumatischen Folgen von Krieg, Folter und Flucht zu bewältigen, bietet die Caritas psychosoziale Unterstützung an - insbesondere in den Sozialzentren Amman, Zarqa, Balqa und Madaba. In Gruppen- und Einzelsitzungen mit geschultem Personal haben die Menschen die Möglichkeit, das Erlebte aufzuarbeiten und zu lernen, ihren schwierigen neuen Alltag zu meistern.
In den Sozialzentren der Caritas Jordanien erhalten Flüchtlinge und bedürftige Jordanier Nahrungsmittelhilfen, medizinische und psycho-soziale Versorgung und können an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Foto: Jennifer Ciochon / Caritas international
Mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen will die Caritas trotz schwieriger Lebensumstände positive Impulse bei den Bedürftigen schaffen. Um einen Rückzugsort zu schaffen, in dem Geflüchtete offen über ihre Sorgen und Ängste sprechen können, bieten die Caritas-Zentren ihre Räumlichkeiten an. Diese Aktivität wird von Sozialarbeiter*innen begleitet.
Sowohl die medizinischen als auch die psychologischen Teams arbeiten eng mit jordanischen Ministerien zusammen und koordinieren sich mit UNHCR.
Das Projekt wird mitfinanziert von der Diözese Rottenburg-Stuttgart.